Hermann Lasch
Geboren: 1861 in der Nähe von Düsseldorf
Gestorben: 1926 ebendort
Malerei
Hermann Lasch wuchs quasi im Atelier seines Vaters auf, eines regional geschätzten Genre und Portraitmalers. Bei seinem ausgeprägten Talent, insbesondere für die Landschaftsmalerei, war sein Entschluss, in die Fußstapfen des Vaters zu treten eigentlich logisch. Lasch genoss eine gründliche Ausbildung an der heimischen Düsseldorfer Kunstakademie, die er durch Studien in Paris, Italien und den Niederlanden komplettierte. In den 90er Jahren tritt er dann als selbständiger Landschaftsmaler in Erscheinung. Zeitlebens blieb er der preußisch geprägten, sogenannten“ Düsseldorfer Malschule“ treu und war ordentliches Mitglied der Künstlervereinigung „Malkasten“. Die Zeiten waren durchaus günstig für eine Vielzahl von Genre- und Landschaftsmalern, die, vor dem Durchbruch der Farbphotographie und der qualitativ hochwertigen Drucke, die gehobenen Repräsentationsbedürfnisse der Bürger und Großbürgerschicht bedienten. Hermann Lasch machte da keine Ausnahme, als introvertierter und wenig an Eigenvermarktung interessierter Mann, war für ihn die Einbindung in den organisierten Ausstellungs- und Verkaufsbetrieb geradezu lebenswichtig. Lasch war in allen bedeutenden Ausstellungsprojekten vertreten ohne jemals durch theoretische Schriften oder Bemerkungen über seine oder die Kunst anderer hervorgetreten zu sein. Vieles davon erschließt sich nur aus den Manuskripten der Nachrufe.
„Doch er verlor sich nie an Äußerlichkeiten. Dieser innerlich reiche Mann malte sich zur Freude, zur Äußerung seines Lebens, ohne nach dem Kunsthandel und dem Publikum zu schielen. Er war im Grunde Lyriker und konnte seinen Bildern starken Stimmungsgehalt geben.“ (H. H. N. Düsseldorfer Stadtanzeiger Nr. 5 vom 06.01.1927)
Wenn man die hinterlassenen Werke Hermann Laschs betrachtet, die auch heute noch auf Auktionen geschätzt und gehandelt werden, fällt auf, das der gerne zitierte Hinweis auf den Impressionismus bei weitem nicht ausreicht, um seine Kunst umfänglich zu beschreiben. Tatsächlich ist sein „Impressionismus“ von einer Art, die das Dekorationsbedürfnis des swingenden Jugendstils ebenso erahnen lässt, wie die unverkennbare Handschrift eines geradezu expressiven Pinselstrichs. Lehrer, Freund und zugleich eines der progressivsten Mitglieder der selbstbewussten Düsseldorfer Künstlergilde war Olof Jernberg. Er übte, insbesondere in den für Lasch prägenden 90er Jahren, einen ebensolchen Einfluss aus, den man auch sofort wiedererkennt, wenn man erhaltene Werke der beiden vergleicht. Das sich, noch weiter entfernt, dahinter „geläuterte“ Spurenelemente eines revolutionären Genies wie Vincent van Gogh verbergen mögen ist nicht völlig abwegig, van Gogh war Jahrgang 1853 und die Düsseldorfer Malschule war hellwach und international gut vernetzt.
Auch wenn Lasch Landschaften unterschiedlichster Prägung in seiner Kunst verarbeitete und sie daher auch notwendigerweise bereisen musste, um vor Ort Skizzen anzufertigen, ist er doch zeitlebens ein unauffälliges, kompetentes und geschätztes Mitglied der rheinischen Kunstszene geblieben. Mit seiner Frau Maria zog er den 1895 geborenen Sohn Carl Hermann Lasch groß. Den großen Einbruch der Kunstproduktion und die damit verbundenen existentiellen Nöte für eine ganze Künstlergeneration, die Weltwirtschaftskrise ab 1929 nämlich, erlebte er nicht mehr. 1926 verlor „das Düsseldorfer Kunstleben einen seiner stärksten Landschafter“. Hermann Lasch starb als 65jähriger „ in den letzten Tagen des alten Jahres“ (Düsseldorfer Stadtanzeiger Nr. 5 vom 06.01.1927)
„Und dann trug man den Sarg hinaus unter den grauen winterlichen Himmel, geleitet von Freunden aus der Künstlerschaft mit umflorten Stäben und gefolgt von der Fahne des „Malkastens“ zur letzten Ruhestätte.“ (Düsseldorfer Nachrichten Nr. 655 vom 28.12.1926)
Im Bestand der VHS Völklingen haben sich einige gerahmte Skizzenblätter und kleinformatige Werke Hermann Laschs erhalten. Mögen sie auch nachgedunkelt sein und den Zahn der Zeit erkennen lassen, ihre künstlerische Qualität steht außer Frage. Aber nicht primär dieser Bestand sondern die vier großformatigen Werke Laschs in der Aula des heutigen Einsteingymnasiums geben den verdienten Anlass, den eingefleischten Düsseldorfer Lasch in dieser Völklinger Runde aufzuführen. Auch hier erhellen verschiedene Nebensätze in zeitgenössischen Nachrufen die Situation. Bei den Bildern der Aula handelt es sich tatsächlich um die einzigen Beispiele großformatiger, wandfüllender Arbeiten, die Hermann Lasch geschaffen hat. 1912, als zu diesem Zeitpunkt 52jährigem, wurde ihm, als Gewinner eines Wettbewerbs des damaligen Kunstvereins für das Rheinland und Westfalen, die Aula des Völklinger „Realgymnasiums als Malgrund zugewiesen. Die Bedeutung dieser Arbeiten ist nicht zu unterschätzen sowohl in künstlerischer als auch in politischer Hinsicht.
Wenn im Jahre 2018 ein bekannter Künstler ein Provinzgymnasium „aufhübscht“, dürfte das kaum eine Fußnote provozieren. 1912 war das neuerbaute, architekturpreisgekrönte Realgymnasium im aufstrebenden Industrieort Völklingen eine Hausnummer mit Ausrufezeichen und reichsweiterAusstrahlung. In sämtlichen Nachrufen Laschs wird dieser Auftrag zumindest erwähnt. Die vier großformatigen Wandbilder, ganz konventionell auf Leinwand gemalt, thematisieren die Jahreszeiten jeweils am Beispiel eines signifikanten Ortes der Saargegend. Die Siersburg, die Ruine Freudenberg, die Klause bei Serrig und der Stiefelfels bei St. Ingert. Für den Maler kleinerer Formate, die selten über den Meter hinausgingen, war dieser Auftrag eine Herausforderung. Was die in Völklingen erhaltenen Skizzen nur erahnen lassen, wird im ausgeführten Gemälde umso deutlicher, Hermann Lasch greift in Farbwahl und Malduktus auf seine Bilder der Zeit vor der Jahrhundertwende zurück. Er entledigt sich der, für seine Verhältnisse ungewöhnlichen Aufgabe mit einigem Anstand und wird zurecht für die überzeugende „Monumentalität“ seiner Werke gelobt.
Der eigentliche Punkt ist aber ein ganz anderer und genau das bringt der damalige Präsident der Düsseldorfer Kunstakademie, Prof. Dr. Board in seiner Einführungsrede am 16. Juni 1913 zum Ausdruck:
„Die Kunst aus den sich mit unglaublicher Geschwindigkeit ausbreitenden Industriestädten ganz auszuschalten, geht nicht an. Sie ist ein so wichtiger Faktor in unserem geistigen Leben, das die Gemeinwesen, sobald sie nur einigermaßen Bewegungsfreiheit erlangt haben die Künstler zum Werke rufen.“…
Diese Rede, nicht ganz zufällig am 25. Jahrestag des Thronjubiläums Kaiser Wilhelm II. gehalten zeigt, dass hier ganz bewusst ein politisches Ausrufezeichen gesetzt werden sollte. Der Kunst fiel die Aufgabe zu, die rohen Kräfte des industriellen Wachstums zu läutern. Analog etwa zu kulturlosen Goldgräberstädten im fernen Alaska wird dem Völklinger Gemeinwesen „geistiges Leben“ eingehaucht. Dafür steht der überregional beachtete Neubau aber eben auch die Gruppe rheinischer Wandbilder. 1913 Kunst „up to date“!
Quellen Text und Fotos: Hendrik Kersten