Erwin Altpeter

Erwin Altpeter

Geboren: 1938 in Völklingen
Gestorben: 2014 in Merzig

Malerei

Die KVHS Saarlouis hat anlässlich der Ausstellungen In Memoriam Erwin „Jazze“ Altpeter in Saarwellingen (27.02.2015) und Völklingen (10.06.2015) ein Büchlein herausgebracht, das bei der KVHS Saarlouis erworben werden kann. Wir bedanken uns für die Texte und Fotos bei Klaus-Peter Fuß und Franz-Rudolf Krämer.

Kontakt:

Klaus-Peter Fuß
Leiter der Kreisvolkshochschule Saarlouis
Telefon: 06831 / 444-314
Telefax: 06831 / 444-422
E-Mail: klaus-peter-fuss@kreis-saarlouis.de

Erwin Altpeter wurde am 25. Oktober 1938 in Völklingen/Saar geboren und verstarb am 17. April 2014 in Merzig. Das Elternhaus von Erwin Altpeter steht in der Haydnstraße. Er war Musiker, Komponist, Radio-Discjockey und bildender Künstler. Wegen seiner Liebe zum Jazz nannte ihn jeder in seiner alten Heimat Völklingen „Jazze“. Er spielte in einer Reihe von Formationen und fehlte über lange Jahre nie bei einer Jam-Session.

Bildender Künstler

  • Schüler von August Clüsserath und  Leo Grewenig.
  • Sein Studium in Bildender Kunst absolvierte er an der Universität des Saarlandes und an der Pädagogischen Hochschule in Saarbrücken.
  • Ab 1969 Pionier der Falttechnik.
  • Als Kunsterzieher unterrichtete er u.a. an der Hauptschule in Perl und asm Staatlichen Warndtgymnasium in Völklingen-Geislautern.
  • regelmäßig Kontakt mit Joseph Beuys.
  • Ausstellungen von 1957 bis 1989, seine ersten Ausstellungen fanden in Völklingen, Wadgassen, Saarlouis, Merzig, Saarbrücken und Trier statt
  • Grafische Arbeiten: Entwurf des 2,60 Meter großen Glasfenster fürs Warndtgymnasium, Wappen für den Reiterbund Saarlouis
  • „Kunst und Kunsthandwerk Wadgassen“: Zu seinen Künstlerkollegen zählten und zählen u.a. die Mitglieder der Gruppe Dieter Müller, Annely Rothkegel, Richard Arweiler, Rudolf Fuchs, Therese Philip-Lenz, Viktor de Aquino, Margret Rihm-Hewener, Annemarie Reichrath-Kaup und Jürgen Diebold. Die Gruppe „Kunst und Kunsthandwerk Wadgassen“ zeigte ein breitgefächertes Spektrum an Materialien und Verarbeitungsweisen: Ölmalerei, Zeichnung, Radierung, Plissagen (Falttechnik), Fotographie, Metallplastik, Arbeiten in Glas, E-mail und Batik. Zweckfreies kreatives Gestalten findet sich im Schaffen ebenso wie die Verbindung künstlerischer Formen mit konkret durchdachter Funktionalität.

Musiker

  • Mitglied in Musikgruppen „Studio 64“ und „Deluxe Quintett“.
  • Erwin Altpeter arbeitete in den frühen 60er Jahren als Discjockey bei Radio Luxemburg und in saarländischen Tanzlokalen.
  • Spielte Schlagzeug, Keyboard, Blasinstrumente.
  • Er komponierte Musik.
  • Gründete eine Band im Charlie-Parker-Stil, das Saxophon dominierte. Diese eine etablierte Gruppe, die gern gebucht wurde: „Ensemble Moderato“.

Auszüge aus der Laudatio Klaus-Peter Fuß anlässlich der Ausstellung „In Memoriam Erwin Altpeter“ vom 10.06.2015 in Völklingen.

Der Künstler Erwin Altpeter arbeitete mit allen ihm zur Verfügung stehenden Materialien: mit Styropor, Moltofill, Plastilin, Metall und Papier. Daneben galt sein Interesse den Maltechniken in Öl, Aquarell, Tempera, Plakatfarben und den Plissagen. Den Plissagen verschrieb er sich dann gänzlich ab dem Jahre 1969. Es handelt sich hier um eine Falttechnik mit Papier, verbunden mit Aquarell- oder Ölmalerei. Hierbei wird das nasse Papier mit den bloßen Fingern geformt. Dessen Ergebnis ist kein nachträglich bemaltes Relief, sondern ein strukturiertes Gemälde, in dem ein sicheres Farbengefühl die Gesamtwirkung verstärkt.

Dabei ist Altpeters Lösung vom Einsatz der Mittel her schlüssiger, als wenn er die Farben mit der Spachtel aufgetragen hätte. Das dünne, leicht plissierte und das dicke, gefaltete Papier boten in den fast naturhaften Fältchen, Runzeln und Wulsten dem Maler ein Arbeitsfeld, auf dem sich Schwerpunkte farblich verdichten, Scheidelinien von Hell und Dunkel verdeutlichen und bildteilende Diagonalen fast zwanglos ergeben.

Erwin Altpeter verwendete bei seinen Plissagen außer Papier auch Textilstoffe, Schnüre und ähnliches Material, das ihm durch seine Oberflächenstruktur geeignet erschien. Bei vielen Arbeiten fügte er Gegenstände hinzu, die er dem alltäglichen Leben entnahm. So kann der Betrachter schnell Papprollen, Plastikspielzeug, Wurzeln oder Holzdeckel erkennen.

Altpeters Kunstwerke werden herkömmlich der „modernen Kunst“ zugeordnet. Seine Bilder sind eindeutig durch seine Wahrnehmung und emotionale Stimmung definiert. Seine Themen sind zeitkritisch. Sie entsprechen dem Zeitgeist ihrer Schaffensperiode, vor allem den 60er und 70er Jahren.

Trotz zuweilen heller Farben zeigen die Kunstwerke Altpeters kritisch dessen Ängste und Nöte sowie seine Hoffnungen im Hinblick auf die Geschehnisse der damaligen Zeit: Hier beispielsweise die Kuba-Krise Anfang der 60er Jahre und das Kernkraftwerk Cattenom, welches ihn in den 80er Jahren beschäftigte.

Der saarländische Maler Karl Michaely urteilte seinerzeit: „Metamorphose oder Gestaltwandel kann stattfinden über die Technik, die der Künstler anwendet, wenn er das Material be- oder verarbeitet. Was ich dabei an Erwin Altpeter bewundere, ist der Weg, mit dem er über Verfremdungseffekte etwas völlig Neues zu sagen hat.“

Altpeter selbst kommentierte später: „Falten sind Ausdruck und Nachweis gelebten Lebens. Seit Jahrtausenden spiegeln sie Stilepochen und Auffassungen von Natürlichem und Abstraktem wieder.“

Mit den Worten „Kunst ist ein flexibles und letztlich nicht definierbares Ganzes in unserer Geisteswelt“ … sowie … „Kunst ist das, was unser Leben ist“ definierte Altpeter eindeutig sein Denken über gestaltende Kunst und verkörperte das sich hieraus resultierende Ergebnis in Form seiner Werke.

Mit den gerade gehörten Zitaten eröffnete Erwin Altpeter in den 80er Jahren eine Ausstellung in Saarbrücken und zeigte dabei auf einen ausgestellten Eimer mit Fett und einen nach Maggi riechenden hellen Stein. Ein extravagantes Verhalten. – Der mit Fett gefüllte Eimer war eine Reminiszenz an Joseph Beuys, mit dem er zeitlebens in regem Kontakt stand. Der Künstler Erwin Altpeter war sich nicht zu schade, das Alltägliche der gestaltenden Kunst auch augenzwinkernd zu persiflieren.

Von Franz-Rudolf Krämer, langjähriger Weggefährte und Freund

Auf Stippvisite in der alten Heimat. Stationen der Kindheit und Jugendzeit Revue passieren lassen. Krieg, Hunger, Kälte, graue Westwallbunker, in die er oft angstvoll und schutzsuchend mit seiner Mutter fliehen muss.

Das altehrwürdige Knabenrealgymnasium in der Hohenzollernstraße besuchen, wo ihm Experte und Kunsterzieher August Clüsserath die Liebe zur Malerei vermittelt und ihn bei ersten Gehversuchen fachmännisch begleitet.

Einem Musiklehrer verdankt Altpeter seinen Hang zu Schlaginstrumenten.

Beim Stöbern in staubigen Abstellkammern entdeckt der kleine Erwin eine Landsknechtstrommel, quasi ein Relikt aus der Hitlerjugendära des Dritten Reiches. Unter Anleitung seines Lehrers darf er das Instrument sporadisch nutzen. Inspiriert durch seinen musikalischen Vater, den „Altpeter-Jazz“, findet er großen Gefallen am Jazz, insbesondere dem Dixieland und dem Bebop. Altpeter gründet namhafte Bands und spielt in mehreren Jazz-Formationen. Große Vorbilder sind für ihn der Schweizer Jazz-Schlagzeuger Charly Antolini und der US-amerikanische Drummer Sandy Nelson.

Später unterrichtet Erwin Altpeter selbst am Völklinger Knaben-Realgymnasium als Lehrer für Bildende Kunst, bevor er zum Warndtgymnasium Geislautern wechselt. Hier kann man heute noch ein herrliches Buntglasfenster bewundern, das nach seinen Entwürfen gefertigt ist. Altpeter entwickelt sich zu einem allseits beliebten Kunsterzieher, bei dem die Grenzen zwischen Profession und Hobby verwischen.

An stillen dunklen Wassern des Köllerbachs und der Saar verträumt meditieren. Kleine Fluchten. Unter dem Laubdach alter Bäume des Bürgerparks flirrendes Sonnenlicht genießen, wie durch ein großes Kaleidoskop. Impressionen, die viele Bilder und Spachtelarbeiten des Künstlers dominieren. Farben, buntes Glas und Papier sind Altpeters bevorzugte Elemente. Aber auch Fundstücke aus der Natur, die als Einlegearbeiten mit Ölfarbe auf der Leinwand verschmelzen.

Hinauf zum historischen Alten Rathaus, das wieder in seinem früheren Glanz erstrahlt. Nicht zuletzt durch Erwin Altpeters leidenschaftliches Bemühen, dieses herrliche Bauwerk für die Nachwelt zu erhalten.

In den 1970er-Jahren ist der Abriss des Alten Rathauses fast schon beschlossene Sache. Es ist Altpeters Herzensanliegen und bleibendes Verdienst für seine Heimatstadt, solch einen furchtbaren Frevel zu verhindern. Er gründet Bürgerinitiativen, veranstaltet Events mit befreundeten Künstlern, tapeziert mit seinen Schülern die Treppenaufgänge des Alten Rathauses mit Aquarellen nach Motiven von Friedensreich Hundertwasser.

Anno 1974 kann Erwin Altpeter – dank pädagogischen Geschicks und seiner charismatischen Ausstrahlung – Völklinger Stadtratsmitglieder vom notwendigen Erhalt dieses wunderbaren Gebäudes überzeugen. Mit großem Schwamm und viel Wasser befreit Altpeter Teile der Buntglasfenster vom Sinterstaub der Röchling’schen Eisenzeit. Unter Applaus verblüffter Kommunalpolitiker weckt Altpeter in Sitzungssaal und Trauzimmer schlummernde Kunstwerke nach Motiven der Jugendstilepoche aus ihrem Dornröschenschlaf.

Erwin Altpeter erliegt im April 2014 einer tückischen Krebserkrankung. Seine vielen Bilder, Plissagen und Spachtelarbeiten, aber auch sein freundliches, humoriges Wesen bleiben den Völklinger Bürgern in bester Erinnerung. Ein obsessiver Maler und Musiker voller Esprit, Traumtänzer und Lichtfänger; einfach halt ein intellektueller Spinner.

Der Dramatiker und Satiriker George Bernard Shaw sagte einst so treffend: „Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“

Quellen Text und Fotos: Klaus-Peter Fuß

Text „Erwin Altpeter und Völklingen“: Franz-Rudolf Krämer